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Das „Anthropozän-Projekt“ – mit Musike von Gary Burton

Das AnthropozíƒÂ¤n-Projekt Illustration: Benedikt Rugar

„Wir müssen uns vorstellen, was die Welt über uns erzählen wird, wenn wir nicht mehr da sind.“

Claire Colebrook

Die Erdzeitalter sind auch nicht mehr das, was sie mal waren, sie werden immer kürzer. Nicht lang her, so vor knapp 12.000 Jahren am Ende der letzten Eiszeit, waren wir ins Holozän gerutscht und nun  soll schon das  Anthropozän begonnen haben? Diesen Begriff schlug 2002 der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen für die „Menschenzeit“ vor, in der Homo Sapiens durch seine Machenschaften auf diesem Planeten dessen Bio- und Geosphäre so massiv veränderte als hätte ein gewaltiger Meteorit eingeschlagen. Falls Sie es noch nicht mitgekriegt haben: Artensterben, Ressourcenerschöpfung, Vermüllung, Übersäuerung der Meere und Klimawandel haben sich in den letzten 50 Jahren rasant beschleunigt, nicht zuletzt durch die Verdoppelung der Weltbevölkerung auf über sieben Milliarden Köpfe. Und vielleicht hat der Biologe E. O. Wilson ja recht, wenn er dazu meint: „Unser Vermehrungsverhalten entspricht eher dem von Bakterien als dem von intelligenten Säugetieren.“ Kein Wunder bei dem nahrhaften Futter eines Schimmelüberzugs auf diesem Planeten, den ja seinerzeit schon good ole Schopi gesehen hatte. Und wenn schließlich die Ernährungsgrundlage immer dünner wird, geht’s auf direktem Weg in den Evolutionary Suicide – dann könnte das Anthropozän noch kürzer werden als alle vorhergehenden Zeitalter.

Doch nun keimt etwas Hoffnung auf, denn immer mehr ‚Öko-Intellektuelle‘, darunter auch Crutzen, sehen mit der Ausrufung des Anthropozäns sowohl eine Warnung als auch die Chance auf einen Paradigmenwechsel im Selbstverständnis des Menschen. Die Einsicht in die verheerenden Folgen seines Tuns müsse ethische, politische und kulturelle Konsequenzen haben und dazu müsse auch eine neue Kultur der Naturwissenschaften entwickelt werden, wie die Max-Planck-Gesellschaft fordert.
Na denn, auf all sowas haben ja viele schon vor 40 Jahren gehofft, als der Club of Rome seine Studie „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte…

Das Anthropozän-Projekt  Illustration: Benedikt Rugar

Das Anthropozän-Projekt – Illustration: Benedikt Rugar

Jedenfalls sollen nun auch Künstler und Denker aller Art mit ins Rettungsboot geholt werden, und dazu hat man sich im Berliner Haus der Kulturen der WeltDas Anthropozän-Projekt – Kulturelle Grundlagenforschung mit den Mitteln der Kunst und der Wissenschaft“ ausgedacht.
Dabei soll es, wie die Initiatoren schreiben, darum gehen, „eine neue Idee von Natur und eine neue Kultur des Menschen zu entwickeln, in der sich die beiden nicht mehr nur konträr oder zumindest ambivalent gegenüberstehen – Mensch und Natur sind eins.“ Und Haus-Intendant Bernd M. Scherer philosophiert dazu „Die Grundlage dieser Entwicklung liegt letztendlich in dem Dualismus zwischen Natur und Kultur begründet. Weil die Natur in dieser Entwicklung nur als Ressource gesehen wurde. Als eine Sache, die man einfach ausbeuten kann, nicht als ein eigener Akteur in einem System. Und das gilt es neu zu sehen!“
Und um dieses ’neue Sehen‘ zu lernen, soll es in den nächsten zwei Jahren im HKW Ausstellungen, Kunstaktionen, Diskussionsforen und Lesungen geben; geplant sind auch ein Festival über „unmenschliche“, also von der Natur ‚komponierte‘ Musik oder Filmprojekte über kulturelle Ähnlichkeiten und Unterschiede von Affe und Mensch. Damit hatte sich übrigens auch schon Konrad Lorenz beschäftigt und soll dazu gesagt haben: „Ich habe das Bindeglied zwischen Affen und Homo Sapiens gefunden – wir sind es.“

Hoffen wir also, dass dieses Projekt was voranbringt, denn irgendwie wär’s ja schon schad um uns, diese Zwitterwesen aus Ratio und Gefühl; denn wer weiß, ob die Evolution nochmal Typen hervorbringt, die z.B. sowas drauf haben:

Gary Burton, vibraphone
Pat Metheny, guitar
Steve Swallow, bass
Antonio Sanchez, drums

wf


5 Gedanken zu „Das „Anthropozän-Projekt“ – mit Musike von Gary Burton“

  1. Eine schöne Nummer von Gary Burton. Allerdings finde ich Pat Methenys Gitarrensolo hier nicht so tiefgründig in den Harmonien verankert wie das von Burtons Original-Gitarrist Mick Goodrick, zu hören in seinem „New Quartett“ (1973).
    Aber das ist ja auch das Schöne am Jazz, dass jeder Musiker seine eigene Persönlichkeit einbringen kann und so die Interpretationen der Stücke immer anders ausfallen – „Menschenzeit“ halt.

    1. Stimm ich dir zu, Michael, leider hat sich Goodrick ja aus dem Live-Geschäft zurückgezogen.
      By the way: Heut, am 23.1., feiert Gary Burton seinen 70er, deshalb hier noch was Witziges von den Burghausener Jazztagen im Duo mit Chick Corea:

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