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Einen Robot für die Rente

Hätten Sie was dagegen, wenn ein Roboter für ihre Rente schuftet? Und Sie sich in selbstbestimmten und gesellschaftlich nützlichen kulturellen und sozialen Arbeiten ‚verwirklichen‘ könnten, ohne auf den schnöden Mammon gucken zu müssen? Viele Beobachter mit einem Blick-von-oben auf unsere gegenwärtige technologische und gesellschaftliche Entwicklung glauben, dass wir bald die Schwelle überschreiten, nach der software-gesteuerte Maschinen menschliche Denkleistungen und Verhaltensweisen so gut emulieren und optimieren können, dass sie in Vielem besser werden als wir, ihre früheren Herren, die die Geister riefen. Und zwar werden die Robots nicht nur, wie wir es ja schon seit Fließbandzeiten kennen, bald alle Jobs mit körperlichem Arbeitseinsatz übernommen haben, sondern auch die ‚geistigen‘ Tätigkeiten, soweit sie sich durch komplexe Algorithmen erfassen lassen, schneller und zuverlässiger als jeder Mensch bewältigen – auch wenn der Weg zum Embodiment der Künstlichen Intelligenz noch weit erscheint. Da sagt dann die Chefin, die Software, leise Servus zum letzten Buchhalter, Börsenmakler, Lageristen, Marketingmitarbeiter, Soldaten, Anwalt, Chirurgen, Lehrer … – in den USA etwa werden mittlerweile auch schon Journalisten durch intelligente, datenbasierte Texterstellungssoftware wegrationalisiert und die großen Universitäten wie Harvard, Stanford & Co. bieten bereits komplette online-Studiengänge an (mit schnell wachsenden Studentenzahlen); der Professor ist dabei ein Superalgorithmus, der ratzfatz Zehntausende von Arbeiten korrigiert, benotet und dabei, Achtung!, garantiert alle Plagiate entdeckt – welche man aber als KI-embedded Student natürlich mit einer guten Texterstellungssoftware vermieden hat ;-)

Wohin mit diesen dabei entstehenden Produktivitätsgewinnen? Bloß nicht in die Aktienbeutel einiger weniger Großkonzerne, denn dann gäbs garantiert Haue von den aus existenzieller Not getriebenen Maschinenstürmern – die bisherigen Occupy-Camps wären in der politischen Meteorologie nur als laues Vor-Lüftchen zu deuten, wenn alle aufbrausenden Žižeks dieser Welt nicht nur rhetorisch von der Leine gelassen würden…
Nein, besser wir nehmen nun einen Karl Marx 3.0-reloaded ins Gesellschafts-Spiel, mit seiner nun gar nicht mehr so realitätsfernen Utopie, die Maschinen könnten eines Tages den Menschen von entfremdeter Arbeit befreien, doch müsse damit gleichzeitig auch eine Vergesellschaftung jener Produktionsgewinne einhergehen, eine Teilhabe für Alle.

Der FAZ-Kolumnist und CCC-Sprecher Frank Rieger plädiert in einem lesenswerten FAZ-Beitrag für „eine automatisierungsfreundliche Gesellschaft, in der niemand aus finanziellen Gründen seinem Job nachtrauern muss, der von einem Roboter oder Algorithmus übernommen wurde. […] Die drängende Frage am Horizont ist, wie Wirtschaft und Gesellschaft weiter funktionieren sollen, wenn immer weniger Menschen noch eine dauerhafte Arbeit haben, die gut genug entlohnt wird, dass davon Steuern, Sozialversicherungs-, Renten- und Krankenkassenbeiträge gezahlt werden können.“

Wenn das Konzept der „Vollbeschäftigung“ ohnehin nur noch durch Verzögerungs- und Verschiebetaktiken künstlich am Leben gehalten und durch die digitale Revolution bald Geschichte sein wird, ist ein rechtzeitiges Umsteuern in unserer Arbeits- und Sozialpolitik unumgänglich. Über Details (wie etwa ein Grundeinkommen für Alle) mag man streiten, nicht über die Notwendigkeit zum Denken & Handeln.

Dazu noch ein paar Interview-Takte von Frank Rieger; zum Einen, weil Interviews eine sinnlichere Art des Erkenntnisgewinns bescheren als trocken Schrift, und zum Anderen, weil (das muss ja auch wieder mal gesagt sein) die Mädels von Kulturzeit in Interviews meist einen ziemlich guten Job machen, der noch nicht nach Robot klingt – und auch nicht so aussieht ;-)

(Zum Abspielen des Filmbeitrags bitte wieder einfach aufs Bild klicken und den IFrame am besten mittig scrollen)


Über den aktuellen Stand und die Aussichten der „Evolutionären Robotik“ und die Embodiment-Forschung hat sich Alexander Kluge mit Prof. Dr. Frank Pasemann von der Universität Osnabrück unterhalten, wo man die dort entwickelten komplexen Systeme ‚lernen‘ lässt so wie alle Tiere in der Evolution ‚lernten‘: durch Selbsttätigkeit, Versuch und Irrtum, also indem sie Erfahrungen machen, aus denen neues Verhalten und ‚Denken‘ dynamisch emergiert.
(Das folgende Interview wurde hier im Beitrag „Evolutionäre Robotik, Embodyment und Emergenz“ nebst einigen Anmerkungen dazu schon mal gepostet.)

dctp-Themenschleife „Wie lernt der Robo sapiens?“

wf

Ein Gedanke zu „Einen Robot für die Rente“

  1. Hallo,

    die Idee finde ich klasse. So etwas habe ich mir auch schon vor vielen Jahren gewünscht.

    Die Idee könnte man auch bei Invalidität anwenden. Wenn z.B. jemand einen Bandscheibenvorfall oder Rheuma hat und seinen Beruf daher nicht mehr ausüben kann.

    Wenn dann ein Roboter für den Lebensunterhalt sorgen kann, ist das doch eine prima Sache.

    Leider haben wir Bürger es versäumt rechtzeitig die Weichen für diese Möglichkeit zu stellen.

    ich hoffe, dass dieser Zug noch nicht ganz abgefahren ist.

    Liebe Grüße aus Berlin

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