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Gute Lehrer müssen scheitern

In unserer neiderfüllten Ellbogengesellschaft ist es ziemlich gefährlich, wenn sich ein kluger Kopf  aus dem Mittelmaß herauswagt. Das musste eben erst wieder eine engagierte Grundschullehrerin erfahren, deren Schüler offenbar aufgrund ihrer guten pädagogischen Fähigkeiten regelmäßig überdurchschnittlich gute Notenschnitte erzielt hatten.
Weil das ja nicht sein darf, weils erstens der Statistik nicht entspricht und zweitens überdurchschnittliches Engagement für die Durchschnittlichkeit anderer Pädagogen entlarvend ist, bekam die Lehrerin Probleme von Kollegenmobbing bis zu Entlassungsandrohungen.
Inzwischen  fühlt sie sich genötigt, an dem System der Versagerproduktion mitzuwirken und deshalb Schulaufgaben so zu konstruieren, dass mit Sicherheit ausreichend Vierer, Fünfer und Sechser herauskommen, damit vor dem Komma des Klassenschnitts endlich auch mal eine Drei steht und sie von der Rektorin nicht behandelt wird wie eine aufmüpfige Bildungswelt-Verbesserin.
Ist dann ja auch wieder eine Art Chancengleichheit.

siehe Artikel in der SZ-Reihe „Schule spezial“

wf

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4 Gedanken zu „Gute Lehrer müssen scheitern“

  1. Die von Angela Merkel ausgerufene „Bildungsrepublik Deutschland“ wird also noch auf sich warten lassen – bis zur Privatisierung des öffentlichen Bildungswesens. In der „Bildungsrepublik Bertelsmann“ wird alles besser…

  2. Nachtrag:

    Wie die Süddeutsche Zeitung am 11.8. berichtete, wurde die Lehrerin Sabine Czerny nun doch „wegen Störung des Schulfriedens“ von ihrer Germeringer Grundschule strafwegversetzt.
    Tröstende Worte für die engagierte Pädagogin fand allerdings der sich für sie einsetzende Chef des Bayerischen Lehrerverbands, Klaus Wenzel: sie habe „einen sehr anspruchsvollen Lernbegriff“ und sei „ihrer Zeit in Bayern weit voraus“.
    Na, wenn das mal nicht doch ein wenig für die Zukunft hoffen lässt…

  3. Die Zusammenfassung meiner Erfahrungen aus 17-jähriger Tätigkeit in der Rolle „Schüler“ und „Student“, mit anschließender 9-jähriger Erfahrung in der Rolle „Vater“:

    Die Unfähigkeit zu erforderlich gewesener Pädagogik kompensiert der Korinthenkacker über die akribische Benotung erbrachter Leistungsnachweise.

    Es ist unmöglich, am Selbstverständnis solcher Lehrer kratzen zu wollen. Sie sehen sich als untrennbarer Bestandteil jenes akademischen Triumvirats, welches in der Vergangenheit an den Stammtischen der Dörfer höchstes Ansehen erfuhren durfte: neben dem Stellvertreter Gottes und dem Gott in Weiß beanspruchen sie daher auch heute noch den Status eines Gottes der Ärmelschoner.

    In aller Regel besteht die erzieherische Leistung deutscher Schulen in dem Zugewinn an Erkenntnis, dass der adäquate Zugang zu Wissen nicht über Lehrer ermöglicht werde, sondern trotz dieser. Was dazu führt, dass jeder Schüler bis ins hohe Alter hinein sich mit größtem Respekt an die Namen jener wenigen Lehrer erinnert, welche im Widerspruch zu dieser Regel wahrzunehmen waren.

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