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Der Völkerkundler und Strukturalist Claude Lévi-Strauss “ 

„Ich bin fest davon überzeugt, dass das Leben keinen Sinn hat.“ (Claude Lévi-Strauss)

Er gilt als Begründer der Ethnologie und des Strukturalismus in der Anthropologie und war ein demütiger Nihilist hinsichtlich des illusorischen Strebens des Menschen,  mit seiner unzulänglichen Erkenntsnisfähigkeit die Welt und sich selbst verstehen zu wollen.  Keine metaphysische Philosophie könne die „letzten Dinge“, den „Sinn des Lebens“ oder das „Wesen des Menschen“ erkennen lassen; auch keine der Religionen, von denen er einzig zum Buddhismus eine Affinität empfand: „Zum einen, weil er keinen persönlichen Gott kennt, zum andern, weil er die Auffassung vertritt oder weil er zulässt, dass es keinen Sinn gibt, dass in der Abwesenheit des Sinns, im Nicht-Sinn, die letzte Wahrheit liegt“, sagte der damals 99-Jährige vor zwei Jahren in einem Interview.

claude levi-strauss

Claude Lévi-Strauss

Claude Lévi-Strauss zeigte nach jahrzehntelangen weltweiten Studien an „primitiven“ Völkern in seinem 1955 veröffentlichten Bestseller „Traurige Tropen“, wie sich die kulturelle Vielfalt und der soziale Zusammenhang von Gesellschaften durch unbewusste Strukturen und Mythen entwickelt und dass sich in der scheinbar „archaischen“ Denkweise der Urvölker oftmals komlexere soziale und familiäre Systeme herausbilden als durch den sogenannten zivilisatorischen Fortschritt.
Dessen zerstörerische Macht hatte er früh erkannt und einen „kulturellen Kältetod“ befürchtet, weshalb er bei positivistisch eingestellten Wissenschaftskollegen anfangs als kulturpessimistischer Buhmann ausgegrenzt wurde. Gegen die Kritiker führte er das reichlich gesammelte und mit akribisch klassifizierender Logik ausgewertete Forschungsmaterial (oft aber nur aus zweiter Hand) ins Feld und verarbeitete seine Überlegungen in einem grundlegenden Werk zum Strukturalismus, der vierbändigen „Mythologica“ (mit Einzeltiteln wie „Das wilde Denken“ oder „Vom Ursprung der Tischsitten“).

Der geschichtliche Fortschrittsglauben blieb Claude Lévi-Strauss immer suspekt und weil ihm die psychosozialen Unterschiede der Kulturen für den Fortbestand der Menschheit wichtiger erschienen als die von ihm selbst bewiesenen anthropologischen Ähnlichkeiten, überrascht es kaum, dass ihm auch jegliche Versuche revolutionärer ‚Gleichmacherei‘ (wie der „68er“)  zuwider war – eine konservative Geste, die ihm die seinerzeitige Intelligenzija übel nahm und mit dem Slogan „Strukturen gehen nicht auf die Straße“ verhöhnte.

Claude Lévi-Strauss ist in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November gestorben und natürlich gab es schon etliche  „Schnellschuss“-Nachrufe wie ebendiesen hier oder etwa jene im „Spiegel“ und der „Welt“, doch zum besseren Kennenlernen dieses unangepassten Denkers und wichtigen Forschers empfehle ich den ausführlicheren Beitrag von Henning Ritter in der FAZ vom November 2008:
Zum 100. Geburtstag von Claude Lévi-Strauss – „Ein Zivilist in der Fremde“

wf

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