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Das Problem zweiter Ordnung in Liebessituationen

„Einmal in Kommunikation verstrickt, kommt man nie wieder in das Paradies der einfachen Seelen zurück.“

Niklas Luhmann

Ein kurzes Gespräch zwischen Alexander Kluge und Prof. Dr. Niklas Luhmann über den wohl interessantesten Aspekt der menschlichen Evolution.

(Leider kann das Video von dctp.tv nicht mehr eingebettet werden…)

5 Gedanken zu „Das Problem zweiter Ordnung in Liebessituationen“

  1. Kluge scheint ja über einen Fundus an älteren Interviews zu verfügen, bin gespannt, was er noch so alles rausrückt. Von Luhmann gibts ja eh fast keine IVs, am ehesten noch aus der Luhmann-Habermas-Debatte der frühen siebziger Jahre, in der L. mal spottete, „daß die Ideenwelt des Marxismus, die verbraucht ist, ebenso abgelöst wird wie die Ideenwelt des Liberalismus, die ebenso verbraucht ist.“ Der Mann ist also kein so trockener Theoretiker, für den er oft gehalten wird, wie auch seine anschaulichen Beispiele aus seinen systemtheoretischen Überlegungen zeigen. Da stellt er etwa die These auf, dass jede neue Entdeckung und Entwicklung neue Risiken für Mensch und Gesellschaft schaffe und belegt das mit dem „Regenschirmrisiko“: „Wenn es Regenschirme gibt, kann man nicht mehr risikofrei leben. Die Gefahr, dass man durch Regen nass wird, wird zum Risiko, das man eingeht, wenn man den Regenschirm nicht mitnimmt. Aber wenn man ihn mitnimmt, läuft man das Risiko, ihn irgendwo liegenzulassen.“
    Trockene Theorie wäre anders, also lesen, den Luhmann!

  2. Niklas Luhmann: „Sinn als Medium kann „¦ nicht negiert werden. Jede Negation setzt ja „¦ eine Bestimmung des Negierten, also Sinn voraus „¦ Zwar kann man im Medium Sinn zu der Vorstellung kommen, dass es Entitäten wie zum Beispiel Steine gibt, für die die Welt keinen Sinn hat. Das mag im Übrigen auf für Gehirne gelten.“
    Esprit im Dickicht dröger Zeigefinger der Sonstigen.
    Ja, bitte mehr seiner Sätze ausbuddeln.

  3. Ich gebe gerne zu, daß Luhmann ein kluger Beobachter ist und seine Bücher voller lehrreicher Anekdoten über den Menschen, die Gesellschaft und das Wissen sind. Dennoch ist nicht zu leugnen, daß er die humanistische Sichtweise auf den Menschen und diesen gleich mit als veraltet bezeichnet und so den Menschen aus dem Bestand dessen, was wissenswert ist, verabschiedet. „šSinn“˜, „šSprache“˜ und „šSubjektivität“˜ werden nur noch hinsichtlich ihrer Funktionalität im Dienste der Selbsterhaltung von Systemkomplexität thematisiert. Sie dienen vor allem dazu, die Überkomplexität der „šWelt“˜ zu reduzieren, die wiederum nur noch als „šUmwelt“˜ in Betracht gezogen wird. Das Bewußtsein, das als Gegenstand der Selbstreflexion unweigerlich in Aporien, also in denkerische Sackgassen führt, behindert letztlich das Systemgleichgewicht, das sich homöostatisch zwischen einfacher und doppelter Negation einzupendeln versucht. Letztlich stutzt Luhmann den „šMenschen“˜ als „psychisches System“ kategorial so zurecht, daß er an die postmoderne Redeweise von biologischen und elektronischen Systemen anschlußfähig wird. Luhmanns Systemtheorie ist deshalb keine Wissenschaft im eigentlichen und ursprünglichen Sinne des Wortes mehr, sondern lediglich eine Informationstheorie. Der Spaß beim Lesen der zahlreichen Anekdoten, mit denen Luhmann seine Informationstheorie garniert, ist also teuer erkauft: nämlich mit dem Verlust bzw. mit der Preisgabe des Rechts und der Würde des eigenen Denkens.

  4. @Detlef Zöllner
    Ich fasse zusammen: Der Spaß beim Lesen lehrreicher Anekdoten über das Wissen wird durch den Verlust der Würde des eigenen Denkens erkauft.

    So wie wilde Bienen in einer Gruppe von Leuten genau nur diese eine Person plagen, sie umschwirren, in ihrem Gesicht oder Haar nach einer Blüte suchen, ist meines Erachtens auch diesem befreienden, spontanen Auflachen zu vertrauen, das einen Leser plötzlich beim Lesen Luhmann“˜scher Sätze über Wissen überrascht. Ähnlich den wilden Bienen, welche in einem Parfüm die echte Blütenessenz aus einer Wolke synthetischer Duftstoffe erkennen, dürfte jenem Leser, in diesem seinem völlig ungewollten Auflachen, zugestanden werden, dass er möglicherweise fähig sei, zu wissen, dass das Echte etwas erfordere, was fähig sei, das Echte zu erkennen. Dies ihm in Abrede stellen zu wollen, käme dem Versuch gleich, die Erkenntnisfähigkeit des sich bei spontanem Auflachen ertappenden Lesers unterhalb der Erkenntnisfähigkeit jener wilden Biene anzusiedeln. Besitzt Denken Würde jenseits vom Lernen?

  5. Es ist ja nicht das spontane Lachen über lehrreiche Anekdoten, das meiner Ansicht nach die Würde des Denkens gefährdet. Ganz im Gegenteil gewinnen wir im Lachen immer wieder dort die Würde zurück, die wir durch angestrengtes und fehlgehendes Denken zu verlieren drohen. Das Problem ist für mich: wofür sind denn Luhmanns Anekdoten „lehrreich“? Letztlich sind Anekdoten lehrreich vor allem für das, was wir gerade dabei denken, wenn man sie uns erzählt oder wenn wir sie lesen. Anekdoten sind niemals eins zu ein lehrreich für einen ganzen bestimmten Gedanken oder eine ganz bestimmte Theorie. Wir haben immer die Freiheit, uns aus den Anekdoten jeweils das herauszuholen, was für uns gerade wichtig ist, „“ auch gegen die Absichten ihres Erzählers.

    „Lehrreich“ im Sinne der Luhmannschen „Lehre“, im Sinne seiner Systemtheorie, bedeutet vor allem eins: alles, was wir bisher über den Menschen zu wissen glaubten, ist veraltet, weil es den Menschen, von dem etwas zu wissen sich lohnt, nicht (mehr?) gibt. Aber gerade das Allzumenschliche, das in Luhmanns Anekdoten immer wieder durchschimmert und das uns zum Lachen reizt, beweist eigentlich das Gegenteil. Wenn ich nämlich darüber lachen kann, beweise ich doch, was Luhmann widerlegen will, „“ daß es ihn noch gibt, den Menschen.

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