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Kein Reibach mit Alzheimer

Niemand wird ernstlich erwarten, dass sich die Pharmaindustrie aus ethischen Erwägungen um das gesundheitliche Wohl der Menschheit kümmert. Aber wenn materielle Interessen die Entwicklung von kostengünstigen Therapien, auf die keine exklusiven Neupatente erteilt werden, verhindern, darf das nicht einfach der Entscheidungsfindung von Konzernmanagern überlassen werden.

senile plaquesDie WDR-Dokumentation „Das Rätsel Alzheimer“ stellt wissenschaftliche Untersuchungen aus den USA, Kanada und Deutschland vor, die ein neues Licht auf die Entstehung der Alzheimerkrankheit und mögliche Therapien werfen. Sie berichtet aber andererseits auch über Versuche, vielversprechende Forschungsansätze aus Profitgründen zurückzuhalten.
So untersuchte etwa Pat McGeer von der Universität Vancouver bei Rheumapatienten weltweit den Zusammenhang zwischen der Einnahme entzündungshemmender Medikamente und dem Auftreten von Alzheimer, wobei eine 6-fach geringere Demenzrate in dieser Personengruppe die vorbeugende Wirkung der Entzündungshemmer zu belegen scheint (Rheuma trifft den Menschen in der Regel in einem jüngerem Lebensalter als Alzheimer).
Dieser Befund konnte in Tierversuchen ebenso nachgewiesen werden wie das unerwartete Ergebnis, dass die bisher als hauptverursachend geltenden senilen Plaques nur zu etwa 10% für Ausbruch und Entwicklung der Hirnerkrankung verantwortlich seien. Hauptauslöser seien demzufolge die bei Hirnentzündungen entstehenden Mikroglia-Zellen, deren Entwicklung sich mit marktüblichen Medikamenten weitgehend verhindern ließe – allerdings nur vorbeugend, wie der ebenfalls mitforschende David Snowdon von der University Kentucky betonte.
Eine weiterführende Studie gab der Pharmakonzern „Wyeth“ an der Berliner Charité in Auftrag, untersagte aber bisher jegliche Veröffentlichung der Ergebnisse sowohl in den Medien als auch in der medizinischen Forschung der Kollegen. Offenbar soll mit diesem Geheimhaltungsdruck doch noch ein reibachendes Patentchen rausgepresst werden.
Da von solchen Ergebnissen aber Millionen von Erkrankten betroffen sind, kann es nicht irgendwelchen Partikularinteressen vorbehalten bleiben, sie nach Gusto im eigenen Safe zu verschließen. Mag jeder Daniel Düsentrieb meinetwegen allein in seiner Hinterhofgarage an einem neuen Gehsteig-Hochklappsystem basteln, so gebietet sich meiner Anschauung nach in Fällen des gesundheitlichen Allgemeinwohls eine nicht nur moralische Rechtsverpflichtung zur offenen vernetzten Forschung, Entwicklung und möglichst ‚unkapitalistischer‘ Bereitstellung wirksamer Medikamente für Alle – das betrifft natürlich nicht nur die Alzheimerproblematik, sondern die allgemeine Shareholder-Mentalität der weltweiten Gesundheitsindustrie etwa bei der Zulassung kostengünstiger Generika oder von „Dritte-Welt-Medikamenten“.

Die Dokumentation, die am Freitag, den 25. April um 9.55 Uhr in ARTE nochmal gezeigt wird, stellte übrigens auch die schon länger bekannten Untersuchungen an den Anfang, nach denen Demenzerkrankungen bei geistig aktiven Alten wie Schachspielern und Musikern kaum auftreten. Jede(r) kann also vorbeugend sein Neuronenballett coachen nach dem Motto „use it or lose it“

ARTE-Sendeinfo + Video

wf

3 Gedanken zu „Kein Reibach mit Alzheimer“

  1. Ja… die Irrlehren halten sich hartnäckig.

    Wie ein Professor von mir einmal sagte: „Die Bücher der Irrlehren der Medizin füllen mehr Regale als die der Erkenntnisse.“

    Das skandlöse ist nicht, dass diese Informationen jetzt erst langsam entdeckt werden, sondern dass die Pharmaindustrie keinerlei Interesse an der Weiterverfolgung hat…

    Wozu auch?

    Es gibt nichts zu verdienen.

    Hier sind die Universitäten gefragt und das Forschungsministerium.

    Wofür zahle ich denn meine Steuern??

  2. Pingback: Philosophische Schnipsel

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