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Schopenhauers buddhistische Roots

Schopenhauer

„Schopenhauer hat die Menschheit mit dem Kainsmal seiner Verachtung gezeichnet, er hat das Ungeheuerlichste an Skeptizismus vollbracht, das jemals unternommen wurde. Er hat mit seinem Hohn alles durchpflügt und alles ausgehöhlt. Und heute noch leben im Geist selbst derer, die ihn schmähen, seine Gedanken fort.“ (Guy de Maupassant)

Der Mensch hat’s im Allgemeinen nicht so gern, wenn man ihn in seinem Welt- und Selbstbild kränkt; da reagiert er bockig und straft den Übeltäter mit Zurückweisung, egal wie berechtigt und rational die Kritik sich äußerte. Denn nicht die Vernunft entscheidet über des Menschen Wohl und Wehe, sondern die Gier nach Befriedigung seiner unersättlichen Triebe, nach Anerkennung seiner subjektiven inneren Wirklichkeit. Davon war Schopenhauer zutiefst überzeugt und weil er das „zum Grausen“ fand, wurde er ein Meister darin, dem Menschen die Drei Großen Kränkungen, die kosmologische, die biologische und die psychologische,  gleichzeitig um die Ohren zu hauen und dabei so boshaft zu knurren, dass er nicht nur seine Zeitgenossen schaudern machte, sondern heute noch als der nihilistischste aller Pessimisten gilt, für den das Menschendasein kaum mehr war als ein Fliegenschiss auf dem Schimmelüberzug dieses Planeten.

Doch obwohl er schon zu seiner Zeit aus selbiger gefallen zu sein schien mit seiner radikalen Verweigerungshaltung gegenüber lebensgieriger Umtriebigkeit und vermeintlichem gesellschaftlich-idealistischem Fortschritt, hat sich das Karma des Philosophie-Revoluzzers sehr beständig entfaltet; es wirkt nicht nur bei einigen Total-Konsumverweigerern und notorischen Frauenverächtern fort, sondern vor Allem als dialektischer Gegenpol zu positivistischen Denkweisen in den Künsten, der Literatur und natürlich in der Philosophie – nicht als reaktionäre Ablehnung eines Neu-Denkens, sondern als grundsätzliche Skepsis gegenüber dem ‚Vernunftwesen Mensch‘.

schopenhauer - wiki commons

Arthur Schopenhauer

Nicht zuletzt wohl deshalb ist in den letzten Wochen rund um den 150. Todestags von Arthur Schopenhauer eine kaum zu überblickende Vielzahl an Beiträgen zu Leben und Werk dieses originellen Denkers erschienen. Und er scheint sogar besser in unsere Zeit zu passen als in seine, denn im Tonfall einiger Artikel schwang mit, dass so mancher moraldünkelnde Feuilleton-Intellektuelle diesen Anlass als passende Gelegenheit nahm, dem Publikum wieder mal die Schalheit und Vanitas seines triebgesteuerten Rumhampelns im Theater der Eitelkeiten aufs Auge zu drücken, nicht ohne dabei ein Quentchen Durchblicker-Abgeklärtheit einfliessen zu lassen, die sich seit den Zeiten der Stoa (der altgriechischen ‚Halbschwester‘ des Buddhismus) immer wieder so oder ähnlich altherrenwitzartig subsumieren lässt: „die postkoitale Depression ist dann die Desillusionierung der Seele, die sich irgendwie doch mehr von der ganzen Sache versprochen hat“
(Rüdiger Safranski im Spiegel-Essay).

Schopenhauers Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“, in dem er das groß angelegte System seiner voluntaristischen Metaphysik des Lebens entfaltet, fand zu seinen Lebzeiten mangels Unterstützung durch Kollegen kaum Leser (ein Großteil der Erstauflage wurde wegen Unverkäuflichkeit eingestampft), erreichte aber posthum breitere Leserschichten als viele der elfenbeinturmhohen Gedankengespinste seiner meist verschwurbelt formulierenden Philo-Zeitgenossen, denn im Gegensatz zu jenen war Schopenhauer ein literarischer Stilist erster Güte und sein Einfluss auf die moderne Deutsche Literatur ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.
Er beeinflusste maßgeblich Friedrich Nietzsche, der seine „3. Unzeitgemäße Betrachtung“ unter dem Titel Schopenhauer als Erzieher veröffentlichte, initiierte die Lebensphilosophie Henri Bergsons und bereitete den geistigen Acker für Sigmund Freud, der Schopenhauer als Vordenker der Psychoanalyse würdigte. Aber auch Richard Wagner, Samuel Beckett, Albert Einstein, Kurt Tucholsky, Thomas Mann, Hermann Hesse, Wilhelm Busch, Leo Tolstoi, Thomas Bernhard und viele andere bekannten sich als ‚Schopenhauerianer‘.

In fast allen aktuellen Todestags-Beiträgen wurde auch Schopenhauers Affinität zum Buddhismus erwähnt und auf seine maßgebliche Rolle bei der Verbreitung des Buddhismus in Deutschland hingewiesen; meist allerdings in eher anekdotischer Darstellung, als handle es sich dabei um einen Spleen mit nur peripherem Einfluss auf sein Denken, was sich etwa in der Verehrung für eine vergoldete tibetische Buddhastatue auf seinem Schreibtisch geäußert habe; oder in der skurril anmutenden Tatsache, dass er seinen weißen Pudel in der Öffentlichkeit „Butz“, im privaten ‚Zwiegespräch‘ aber „Atman“ nannte – dazu später mehr…

Tatsächlich hatte der „Buddhismus“ schon einen nachweislichen Einfluss auf Schopenhauers Denken, bevor er 1819 die erste Fassung der WWV veröffentlichte. Doch weil davon meist nur geraunt wird, da man kaum was drüber weiß, will ich nun mal versuchen, diesen bisher (auch in der Wikipedia) wenig beachteten Roots nachzuspüren; dabei eingedenk der einschränkenden Bloglängenkompatibilität keinen Anspruch auf umfassende Darstellung des Themas erheben und euch, liebe Freunde und Kenner der buddhistischen Philosophie, möglichst wenig durch Simplifizierungen verärgern „“ gern könnt Ihr eurer Ansicht nach Wichtiges/ Übersehenes in den Kommentaren anheften.

Zunächst sollte man freilich nicht glauben, Schopenhauer habe damals einen „Buddhismus“ von jener Art kennengelernt, wie ihn der heutige Dalai Lama mit seinen Wellness-Drückerkolonnen medial so geschickt inszeniert. Dieser „tibetische Buddhismus“ hat sich zwar aus dem frühen Mahayana entwickelt (neben dem Theravada wohl die wichtigste „alte“ Hauptströmung des Buddhismus), verfiel aber in Tibet ab dem 7. Jahrhundert unter dem Einfluss der dort vorherrschenden Bön-Religion zu einem Surrogat aus Schamanismus, Wiedergeburts-Esoterik und miteinander konkurrierender chauvinistischer Mönch-Clans. (Colin Goldner, „Dalai Lama „“ Fall eines Gottkönigs“).

Im Lauf der letzten zweieinhalb Jahrtausende haben sich hunderte von agnostischen und religiösen Haupt- und Nebenströmungen des Buddhismus entwickelt, deren Genealogien und Verflechtungen der Buddhismusforscher Volker Zotz in seinem Standardwerk „Die Geschichte der buddhistischen Philosophie“ sehr detailliert aufzeigt.

Von solchen Unterscheidungen wusste man zu Beginn des 19. Jahrhunderts kaum etwas und die damals aufkeimende Indien-Begeisterung unter europäischen Intellektuellen stützte sich im Wesentlichen auf englische und französische Magazinartikel und Reiseberichte, in denen nicht kulturhistorische Untersuchungen, sondern das exotisch Fremde und das Abenteuerliche im Focus stand und für hohe Auflagen sorgte. Wie also konnte Schopenhauer von den philosophischen Implikationen der altindischen Denke wissen, was sich intuitiv erschließen im Zusammenspiel mit seinen eigenen Vorüberlegungen?

Im Weimarer Salon seiner damals literarisch recht erfolgreichen Mutter lernte der Student Schopenhauer schon 1813 den Orientalisten Friedrich Majer kennen, der ihn in die, damals in Europa allerdings nur rudimentär bekannten altindisch-hinduistischen Philosophien des Vedanta und des Brahmanismus einführte.
Nach einem Zerwürfnis mit seiner Mutter Johanna (vielleicht Mitursache für seine später so ausgeprägte Mysoginität) zog S. nach Dresden, wo er sich begeistert der Lektüre der «Upanischaden» widmete, die er allerdings nicht in der Originalsprache Sanskrit, sondern in einer lateinischen Übersetzung aus dem Persischen, dem „Oupnekhat“, kennen lernte. Zu deren Bedeutung für sein eigenes Werk bemerkte Schopenhauer später selbst in seinem handschriftlichen Nachlaß:
„Ich gestehe, daß ich nicht glaube, daß meine Lehre je hätte entstehn können, ehe die Upanischaden, Plato und Kant ihre Strahlen zugleich in eines Menschen Geist werfen konnten.“ (HN, hg. von A. Hübscher, Band 1, S. 422)

Obwohl die Upanischaden für S. Eine Art ‚Andachtsbüchlein‘ geworden waren als „belohnendste und erhebendste Lektüre, die auf der Welt möglich ist: sie ist der Trost meines Lebens gewesen und wird der meines Sterbens seyn“ (aus Parerga und Paralipomena II, § 184 ), hat er sich nie als Anhänger des Vedanta bezeichnet, sondern sich einen „Buddhaisten“ genannt. Denn bald hatte Schopenhauer sein Wissen durch die Schriften des deutschen Kalmückenforschers und frühen Buddhologen Isaac Jacob Schmidt (1779″“1847) erweitert und trotz der ihm vorliegenden mangelhaften Übersetzungen die Unterschiede zwischen Vedanta und Buddhismus mit einem erstaunlich tiefreichenden (spirituellen) Verständnis erkannt. Und sich in einer Art Leidensverwandschaft dem jungen Siddharta Gautama verbunden gefühlt:
In meinem 17. Jahre, ohne alle gelehrte Schulbildung, wurde ich vom Jammer des Lebens so ergriffen, wie Buddha in seiner Jugend, als er Krankheit, Alter, Schmerz und Tod erblickte.“ (HN IV, S. 96)

Damit war das Fundament seines Hauptwerkes gelegt: Das Leid als Ausgangspunkt einer Lebensphilosophie. Und Schopenhauer beginnt wohl nicht zufällig die WWV mit dem Satz, den noch heute alle kindlichen Mönchsanwärter in buddhistischen Klöstern in der Art eines Mantras verinnerlichen müssen, nämlich „šDie Welt ist meine Vorstellung“™. Dabei ist unerheblich, ob er diese Klostertradition kannte, denn die Betrachtung der Welt als eine reine Illusion ist die Grundlage aller altindischen Philosophien. Der Brahmanismus verstand ebenso wie der Buddhismus die Welt als vom »Schleier der Maya« verhüllt; das einzig Wirkliche, der Ursprung der Dinge, das Brahman, bleibt hinter Abbildern und Begriffen verborgen. Schopenhauer sieht darin die Entsprechung zum Kant’schen »Ding an sich« und glaubt, den »Schleier der Maya« lüften zu können, weil jeder Versuch zur Erkenntnis des »Dinges an sich« auch wieder nur Teil der Vorstellung von der Welt ist und somit Ausdruck eines sinnfreien Lebenstriebs; diesem grundlegenden Lebensprinzip ist alles unterworfen, auch das Erkenntnisvermögen (Dawkins ‚egoistisches Gen‘ lässt grüßen). Damit wird dieser Wille zum Leben zwangsläufig zur Ursache des Leidens am Leben „“ eine Auffassung, mit der Schopenhauer den aufklärerischen Glauben an das Vernunftwesen Mensch und den Fortschritt in der Geschichte erschüttert.

Jeder Blick auf die Welt, welche zu erklären die Aufgabe des Philosophen ist, bestätigt
und bezeugt, daß W i l l e  z u m L e b e n , … der wahre Ausdruck ihres innersten Wesens ist. Alles drängt zum Dasein „¦
(WWV II, Kap. 28, S. 410)

Die Auffassung „Leben ist Leiden“ ist auch die erste der „Vier Edlen Wahrheiten“ des Buddhismus; deren zweite lautet „Ursachen des Leidens sind Gier, Hass und Verblendung“ und diese resultieren aus der ‚Geworfenheit‘ des Individuums ins Samsara, dem ewigen Kreislauf von Leben und Tod. Im Hinduismus (ebenfalls ein Sammelbegriff für hunderte von Subreligionen, Pantheismen und tausende von Götterwelten) wird die Art der jeweiligen Geworfenheit durch vorher angesammeltes Karma festgelegt und dieses Gesetz von Ursache und Wirkung von Handlungen beeinflusst nach der Lehre in den Upanishaden zukünftige Reinkarnationen und die Erlösung vom ‚Selbst‘ (moksha), was durch Aufgehen des jedem Lebewesen innewohnendnen Atman im „kosmischen Bewusstsein“ (Brahman) erreicht wird.

In der agnostischen Philosophie des Buddhismus gibt es dagegen keine Götter und keine Seelen, die wandern oder sonst irgendwohin kommen könnten. Auch ein stabil-gleichbleibendes „Ich“ ist nur eine Chimäre in unserem Hirn (die moderne Hirnforschung lässt grüßen!), allerdings verursacht dieses Anhaften an einem ‚Selbst‘ das Leiden. Ziel ist folglich das Loslassen vom ‚Selbst‘, um somit den Zustand der Leid-Freiheit (Nirvana) zu erreichen.

Auch Schopenhauer sieht die Befreiung des Einzelnen in der Negation des Willens zum Leben, weil wir nur durch jenen in der Welt festgehalten würden. Wobei für S. das Nirvana nicht ein absolutes Nichts (nihil negativum) bedeutet, sondern ein relatives Nichts (nihil privativum), also die Aufhebung des Samsara für die eigene Person. Aus diesem Kreislauf können wir aber nur erlöst werden, wenn wir den Weg der Erkenntnis gehen, auf dem der ‚Durst nach Leben‘ ausgelöscht wird. Da der sich sowohl bei Schopenhauer als auch im Buddhismus in erster Linie aus der Sexualität speist, beginnt die Verneinung des Willens mit dem asketischen und meditativen Leben. Das Erreichen des Nirvana ist auch zu Lebzeiten möglich, allerdings erst nach Erlöschen des Sexualtriebs.

Dabei bleibt bei Schopenhauer der Wille als „šDing an sich“™ für das unfreie Subjekt verborgen, weil er nicht von den kausalitätsbedingten Erscheinungen in Raum und Zeit abhängt. Die aber determinieren das Individuum, da es eine Objektivation dieses an sich blinden, zeitlosen und irrationalen Willens verkörpert und dem principium individuationis unterworfen ist. Erst wenn man den Willen zum Leben verneinen würde, könne man Kenntnis von ihm gewinnen. Die Fähigkeit zum Verneinen setzt die Einsicht in die buddhistische Fundamental-Ontologie des „Anatman“ voraus, gemäß der alles, was wir in dieser Welt wahrnehmen, unbeständig ist und nichts unabhängig voneinander existiert. Daher ist alles ohne ein eigenes Selbst (die Quantenphysik lässt grüßen).

Diese Anatman- (oder ‚Anatta‘-)Lehre wurde bereits im 2. Jahrhundert von dem indischen Philosophen Nagarjuna in der von ihm begründeten Madyamika-Schule des Mahayana-Buddhimus („Schule des Mittleren Weges“) vertieft, gemäß der mit nicht zu überbietender Konsequenz auch alle Eigenschaften, die wir z. B. einem Menschen oder Gegenstand zuordnen, nicht für sich als absolut, sondern nur relativ durch ihr Gegenteil zu verstehen seien. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Schopenhauer so tief in diese Lehre eindringen konnte, weil ihm wohl weder Nagarjunas Sanskrit-Originalschriften noch Übersetzungen davon vorlagen.
Interessant ist diese Form des Mahayana-Buddhismus für unsere Betrachtung aber auch deshalb, weil es seitdem die Konzeption des Bodhisattva gibt. Das ist ein ‚Mittler‘ zwischen dem Samsara und dem Nirvana; einer, der zwar schon die Erleuchtung erlebt hat, aber dennoch im Samsara verbleibt, da er Mitleid mit den anderen Lebewesen hat und den Dharma auf dem Edlen Achtfachen Pfad lehrt.
Hier schließt sich der Bogen zur Mitleidsethik Schopenhauers, der ja auch sozusagen aus der Halbdistanz eines Bodhisattva lehrte; ein Einsichtiger, der sich allerdings in der Praxis mit seinem eigenen ‚Willen zum Leben‘ arrangierte (obwohl ihm „der freiwillige Hungertod als das Erstrebenswerteste“ erschien).

Da dieser Blog nun schon seine Längenerträglichkeit erreicht hat, sei nur noch kurz darauf hingewisen, dass Schopenhauer sich auch mehrmals auf die dritte bedeutende indische Religion, den Jainismus, bezieht. Den hielt er allerdings, dem Kenntnisstand seiner Zeit entsprechend, für einen Teil des Buddhismus. Auch die Konzeption der Zeit ist bei Schopenhauer wie in allen indischen Philosophien zirkulär, Geschichte wiederhole sich laut S. also nur in anderen Gestaltungen und deshalb gäbe es auch keinen Fortschritt in der Geschichte (mit Hieb auf Hegel).
Zum Erreichen eines für das Erkennen notwendigen meditativen Zustands schien Schopenhauer (im dritten Buch von „Die Welt als Wille und Vorstellung“) die Kunstbetrachtung besonders geeignet; auch durch die Musik könne ein ähnlicher Zustand der Ekstase wie in der Meditation erreicht werden. Insbesondere wegen dieser besonderen Beziehung zur Ästhetik beriefen sich viele Künstler und Schriftsteller auf die Lehre Schopenhauers. Aber diesen Faden hier weiterzuspinnen, würde den Artikel endgültig sprengen – Interessierte finden eine Reflexion dazu in Bersarins „Aisthesis“.

Hab für Alle, die Schopenhauer noch wenig kennen, mal Lesenswertes zusammengekramt – zum Einsteigen scheinen mir der schon erwähnte Spiegel-Essay von Safranksi (PDF) und der ZEIT-Artikel „Das Sein ist nicht das Gute“ geeignet, einen brauchbaren Überblick zu seinem Leben, Werk und Denkweise bietet auch die Wikipedia, und wer dann Lust auf den schopenhauerschen O-Ton hat findet das Hauptwerk unter

und zum Einstieg in weitere Recherchen:

Doch nun also noch, wie versprochen, zu des „Pudels Kern“, wie Goethe sagen würde. Da entpuppt sich Schopenhauer als kauziger Ironiker, denn des Hundes Wesen ist eben das ‚Atman‘, der triebgesteuerte Lebenswille, den Schopenhauer als das zu Überwindende ansah, und ihm doch immer verhaftet blieb. So wurde nach dem Tode jeden Hundes sogleich der nächste angeschafft, natürlich ein ‚baugleicher‘ weißer Pudel namens ‚Atman‘. Und wenns der Hund dann arg zu viehisch trieb, scholt er ihn schon mal „Du Mensch!“

Und last but not least will ich die eingangs bespöttelten Moralisten des Feuilletons nicht im Regen stehen lassen und schließe mich ihnen zumindest mit einem Hinweis zum guten Geschenk an. Denn ihr, liebe Leser, habt in eurem Bekanntenkreis sicher auch den einen oder anderen konsumgesteuerten Wichtigtuer und karrieregeilen G“™schaftlhuber, der euch aber doch soviel bedeutet, dass ihr vielleicht einen zaghaften Rettungsversuch mit Schopenhauers „Aphorismen zur Lebensweisheit“ wagen mögt – gibts auch als Hörbuch.

wf (auch in „Der Freitag“)

Blogauslese 2010

Essay als PDF

13 Gedanken zu „Schopenhauers buddhistische Roots“

  1. Dass S. seine Hunde ‚Atman‘ nannte, kann auch Ausdruck seiner geheimen Sehnsucht nach Teilhabe am Lebensweltlichen sein. Der Mann war ja schließlich in seiner Jugend kein Kostverächter hinsichtlich Weibern und so gewesen…

  2. @ karsten: Hab sehr wohl Respekt vor (privatem) Glauben und gesellschaftlichem Engagement, aber sicher nicht vor esoterischer Volksverdummung. Diese Polemik ist also keine Entgleisung, sondern ein Appell ans kritische Hinterfragen dessen, was in dieser Inszenierung eigentlich steckt.

  3. „… wie ihn der heutige Dalai Lama mit seinen Wellness-Drückerkolonnen medial so geschickt inszeniert …“

    Müssen solche Entgleisungen sein? Nur weil man den Spiegel abonniert und Safranski’s Best of des Besser-und-dagegen-Seins im Schrank stehen hat, entbindet es einen nicht von der menschlichen Pflicht zum Respekt vor dem Glauben und Engagement anderer.

  4. Pingback: Fischblog

  5. Gratulation! Ist auch einer meiner Lieblingsbeiträge hier, obwohl er doch einiges an Lesekonzentration verlangt. Aber Schopi ist für „Konsumverweigerer“ und „Halb-BuddhistInnen“ wie mich grad heute wieder ein wichtiger Denker.

  6. Pingback: Eine Auswahl der besten wissenschaftlichen Blogbeiträge 2010

  7. Ich finde der Artikel dürfte gerne noch viel länger sein. An sich ist die (noch) geltende Mentalität, dass Blogeinträge möglichst kurz sein sollen eine Verschwendung der Möglichkeiten…

    Ein damals noch relativ Namenloser meinte, dass Prinzip des Internets sei wie folgt: w.i.r. müssen einfach nur schneller das Internet füllen als s.i.e. diese Füllung wieder verbrennen können. Ein unendliches Spiel…

  8. Pingback: Philosophische Schnipsel » Altruismus in der buddhistischen Philosophie

  9. @ BB: Gute Sammlung, der Link darauf erspart vielleicht gelegentlich das Rumsuchen in den Originalwerken, wenn man was von Schopi einstreuseln möchte (macht sich ja vor allem bei Diskussionen, die ins Wichtigtuerische abzudriften drohen, immer ganz gut).
    Für die ‚Texterl zum Tage‘ kommen Zitate aus dem Literatur- und Philo-Kanon allerdings nicht in Frage, denn derartige ‚Beschmückung‘ findet sich tausendfach im Web; nein, hier werden nur urheberrechtlich geschützte und für diese Seite lizensierte ‚frische‘ Originaltexte aus (teilweise unveröffentlichten) Sammlungen von Gegenwartsautoren verwendet.
    Dazu kann sich übrigens jeder Autor mit eigener Apho-Sammlungen bewerben; wenn genug Boshaftigkeiten dabei sind, kommen sie evtl. mit in die Rotation.

  10. Pingback: Philosophische Schnipsel » Der Dalai Lama als Schachfigur des CIA im Kalten Krieg?

  11. Vielen lieben Dank für den tollen Beitrag! Ich persönlich sehe Schopenhauer, sowie Albert Schweitzer und eventuell noch Hermann Hesse als die wenigen Menschen des Abendlandes, welche sich konsequent und wahrhaftig mit dem Buddhismus beschäftigt haben. Wem die Wahrheit nicht schmeckt, der sollte die Finger von ihr lassen und wo kein Trost ist, kann man auch keinen finden. Chapeau!

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