Erinnert durch eine Notiz im Philosophieblog hab ich mir heut Nacht zum ersten Mal einen Viertelstünder aus der neuen arte-Philosophiereihe angesehen.
Das Konzept der Sendung: der fast noch jugendliche Gastgeber, Philosophieprofessor Raphaël Enthoven (33), schlendert mit einem Gesprächspartner durch ein zum jeweiligen Thema passendes Ambiente aus der Literatur- oder Kunstszene und plaudert in einem scheinbar mäandernden Assoziationsstil ohne allzu akademisches Fachgedöns über einen ‚philosophiewürdigen‘ Begriff.
Diesmal war Gwenaëlle Aubry zu Gast, um das Wesen und die Wirkung von Hässlichkeit in ontologischer, historischer und ästhetischer Hinsicht zu betrachten.
Bemerkenswert, dass die Erstausstrahlung der Folgen jeweils Sonntags um 13.00h ist; war doch diesmal u.A. das skandalträchtige, von manchen als obszön verfemte Gemälde „Der Ursprung der Welt“ von Gustave Courbet (1866) Gesprächsgegenstand und lange im Bildmittelpunkt. Aber ‚arte‘ ist ja nicht unbedingt der Sender für den familiären Mittagstisch…
Aubry und Enthoven versuchten sich an verschiedenen Beispielen aus Malerei und Literatur dem Begriff an sich, aber auch den Empfindungen, die Hässlichkeit im Menschen auslösen, anzunähern. Im Laufe der Zeit hat sich deren kulturspezifische Einschätzung vielfach gewandelt.
Vom antiken Schönheitsbegriff, idealisiert in Platons „Gastmahl“, über Sokrates‚ Hässlichkeit, Caravaggios „Medusa“ bis zu Jean-Paul Sartres „Der Ekel“ oder dem ‚Monströsen‘ aus Baudelaires „Blumen des Bösen“ reichten die Beispiele, wie „Hässlichkeit und Philosophie seit alters her miteinander verknüpft sind.“
Als kleines, anregendes Mitdenk-Häppchen will sich die Sendung präsentieren, auch wenn der pädagogische Anspruch doch etwas aufgesetzt und im Wortsinn plakativ wirkt: Nach jeder ‚Gesprächseinheit‘ wird deren Essenz aphoristisch verknappt als ‚Merkzettel‘ eingeblendet, eine Art Screenshot des soeben Gedachten wie „Schönheit in der Kunst diente früher zur Abwehr der Geister, die sich in der Hässlichkeit offenbaren“ oder als banaler brain-catcher: „Die Vitalität der Hässlichkeit ist manchmal anziehender als die Schönheit“.
Damit wird das scheinbar lockere, sich entwickelnde Zwiegespräch als wörtlich vorgeplante didaktische Methode entlarvt und erstarrt durch die ständigen Texteinblendungen im Schulmäßigen.
Aber gut, eingebettet zwischen Jugendkultur-Magazin und Experimentalfilm darfs auf ARTE gern etwas ‚Philosophie to go‘ sein – ein noch etwas unsicherer Schritt aus dem Elfenbeinturm…
Sendetermine: jeweils Sonntag 13.00h und diverse Nachtwiederholungen
Oder etwa doch „Philosophie zum Abgewöhnen“? Und deshalb Philosophie als Small- und Schmuddeltalk? – Aber Philosophie soll ja auch provozieren, auf sich aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen. Andernfalls droht das „ökonomisierte Rasiermesser“, d.h. die Streichung aus dem Programm wegen fehlender Quote. Daran wird man sich gewöhnen müssen…
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Dieser Beitrag zur „Hässlichkeit“ läuft in ARTE auch wieder mal in dieser Woche (10.-16.5.09) – fast täglich zu den üblichen Sendezeiten
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