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Doppelfeier der Freiheit

Fraglich, ob Graf Stauffenberg und seine Gesinnungsfreunde die freiheitlichen Prinzipien des Deutschen Grundgesetzes mitgetragen hätten. Orientierten sich doch die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 eher am Gedankengut der deutsch-nationalen Aristokratie und dem Preussischen Militätethos als an demokratischen Idealen. Deshalb wird es nicht jeder als stimmig empfinden, dass die Feierlichkeiten zum 60er-Jubiläum unseres Grundgesetzes auf dieses Datum vorverlegt wurden, obwohl der verfassungskonstituierende Konvent erst am 10. August 1948 auf Schloss Herrenchiemsee zusammentrat.

grundgesetzLassen wir aber die fast randlos interpretierbare Vorstellung von „Freiheitsidealen“  als Verbindung für beide Ereignisse gelten, mag sich mit diesen Feierlichkeiten ein symbiotischer Verstärkungseffekt positiv auf das allgemeine politisch-historische Bewusstsein auswirken. Und das scheint mir immer notwendiger zu werden, nicht nur, weil in den vergangenen Jahren das Deutsche Grundgesetz zunehmend aufgeweicht wurde; unter Vorwänden angeblicher innerer und äußerer Bedrohungen, die den politischen Akt „Sicherheit vor Freiheit“ legitimieren konnten. Sondern auch, weil der von vielen überzeugten Demokraten erhoffte und ’natürliche‘ Prozess von der Übernahme und Weiterentwicklung des Bewährten und Guten zu einem tragfähigen weltpolitischen System bisher ausblieb – und nicht nur bei Demokratieneulingen, sogar in der Europäischen Union werden immer noch humanitäre und sozialrechtliche Werte bei Bedarf aussen- oder wirtschaftspolitischen Interessen geopfert.

Dabei entspricht die geistige Basis unseres Grundgesetzes weitgehend einer zeitlos gültigen Forderung der Kant’schen Moralphilosophie: Dass individuelle Freiheit und Wohlergehen des Menschen als höchstes Gut anzusehen sei, welches nur durch so wenig wie unbedingt nötige Regeln zur Aufrechterhaltung dieser Freiheit für Alle eingeschränkt werden dürfe.

Weil dies in unserer hochkomplexen Welt mit divergierenden Interessen ein schwieriger Balanceakt zu sein scheint,  ist umso mehr Achtsamkeit erforderlich, dass bei der Rechtsgüterabwägung nicht der Dienst am technologisch-materialistischen Götzen zur postmodernen Sinnstiftung und unhinterfragten Pflicht wird (wie Heidegger befürchtete), sondern dass die ursprüngliche Fassung des Artikel eins unserer Verfassung die Tonlage vorgibt: „Der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen.“

Wem das zu euphemistisch klingt, der sollte daran denken, dass wir bei aller noch bevorstehenden Demokratiearbeit zumindest einen, immer wieder vom Bundesverfassungsgericht tapfer verteidigten Rahmen haben, innerhalb dessen wir uns diesem Ideal annähern können.
Wenn wir denn unsere Möglichkeiten zur aktiven Mitgestaltung von Kultur, Bildung, Sozialwesen und humanitärer Politik nutzen. Dabei dürfen auch die Dauernörgler als begleitendes Korrektiv mitmachen…

wf

Ein Gedanke zu „Doppelfeier der Freiheit“

  1. Wenn mit „Dauernörgler“ nicht ein bestimmter Kommentator eines bestimmten Blogs gemeint ist, kann ebendieser Kommentator nur zustimmen ;-)

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