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Kulturelle Evolution

…war das Thema des gestrigen ‚ZDF-Nachtstudio‘, dem man das Prädikat ‚wieder mal was G’scheits‘ verleihen kann. Allerdings ist ne Stunde natürlich nichts, um über die ‚Gründe der Menschwerdung‘ richtig zu diskutieren und so reichte es halt nur zur weitgehend polarisierungsfreien Vorstellung aktueller Erkenntnisse aus Genetik, Evo-Biologie und Neurowissenschaften nebst dem Versuch, neue, aber höchst interessante philosophische Antworten auf die alte Frage „Was macht den Menschen zum Menschen?“ zumindest ahnbar werden zu lassen.

Zwischendurch schienen sich die Gemüter des „aufmüpfigen“ Anthropologen Volker Sommer, des Neurowissenschaftlers Joachim Bauer, des vernetzt denkenden Genetiker Wolfgang Enard und der Kulturwissenschaftlerin Christina von Braun an der umstritten Idee des ‚egoistischen Gen‘ von Richard Dawkins zu erhitzen, doch die neuen fachübergreifenden Ansätze zeigten bald, dass „Survival of the Fittest“ und „zweckgebundene Kooperation“ sich nicht ausschließen, sondern ergänzen. Das Prinzip der Kooperation lässt sich nämlich schon auf molekularer Basis nachweisen und führt so zu der wunderbaren Kernaussage „Der wahre Egoist kooperiert“.

Daraus hat sich beim Menschen eine gesellige Lebensform entwickelt, wofür dem Sprachgen eine entscheidende Rolle zukam, denn erst der ‚Vorstellungsspielraum Sprache‘ schaffe Handlungsoptionen für die Bewältigung komplexer Sozialstrukturen.

Soweit so bekannt – hochinteressant sind allerdings die philosophischen Konsequenzen aus der Entdeckung der ‚Spiegel-Nervenzellen‘, die uns menschliche Eigenschaften wie Empathie und Antizipation als biologisches Erbe in unsere ‚Geworfenheit‘ mitgeben. Und – Achtung! – man hat in etlichen neurowissenschaftlichen Langzeit-Experimenten herausgefunden, dass kulturelle Stimulierungen sich auf biologischer Ebene auf die Hirnentwicklung und Synapsenverschaltung auswirken. Innerhalb einer sozialen Gruppe entwickeln die ‚Spiegel-Nervenzellen‘ ein eigenständiges neuronales Format von kulturellem Content. Welch eine systemische Erhellung der ‚Mem-Theorie‘!

Und damit lässt sich auch neu über die entscheidende Frage spekulieren, ob es der Menschheit gelingen kann, durch kulturelle Evolution eine Überlebenstechnik ohne Aggression, Ausbeutung und Krieg zu entwickeln. Diese ‚Fehlentwicklungen‘ basieren ja letztlich immer auf Ressourcenknappheit und/ oder einem Mangel an sozialer Akzeptanz von Gruppen und Individuen, so dass eine Verbesserung dieser Rahmenbedingungen auch eine friedlich kooperierende Menschheit zuließe. Oder, mit den Worten von Wolfgang Enard: „Aus genetischer Sicht wäre der Weltfriede möglich.“

zum ’nachtstudio‘-Beitrag

interaktive Bilderserie zur menschlichen Evolution

wf

Ein Gedanke zu „Kulturelle Evolution“

  1. Schön wärs, aber ich befürchte, dass der Menschheit angesichts ihrer geistigen Trägheit nicht mehr genug Zeit bleibt, um brauchbare kulturelle Konzepte in allgemeinverbindliche/ -verständliche Meme umzusetzen.

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