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Von der Humorlosigkeit der Frauen

Sarah Silverman

Richtig frech und politically incorrect polemisiert Reinhard Mohr in SPIEGEL online  gegen die naturbedingte Humorlosigkeit des Weibes im Allgemeinen und der deutschen Kabarettistinnen im Besonderen und konstatiert (frei nach Kant):
„Ohne Selbst- und Welterfahrung, ohne Abstand zum Dasein, entsteht auch keine Fallhöhe, jener Abgrund, der das Gelächter erst hervorruft.“

Sarah Silverman

Sarah Silverman

Gefährlich, denn noch sind die Protagonistinnen des Schwermetallfeminismus nicht ausgezählt und wer geistige Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu Recht oder Unrecht chauvinisiert, kriegt immer noch ziemlich schnell und humorlos was auf die Mütze.
Mohrs Polemik ist in Wirklichkeit gar nicht ungerecht, weil sonst immer nur die männlichen Kabarettisten (von denen ja 98 % auch nur Pappnasen sind) vom Feuilleton für ihre Humorlosigkeit geprügelt werden. Bei denen ist es aber eine Frage des geringen Anspruchs, da den meisten das populistische Niveau genügt, mit dem man etwa einen Realschullehrer-Stammtisch zu Lachmuskelverzerrungen bringt.

Mohr relativiert denn auch gleich: „Die über Jahrtausende gewachsene Herrschaft der Männer ist der wahre Grund ihrer satirischen Oberhoheit. Sie sind Hofnarren ihrer selbst. Die besten unter ihnen zerlegen das, was sie selbst aufgebaut haben, also sich selbst – späte Erben der Marx Brothers, Praktikanten des Weltchaos. Motto: Ego sum, ergo rumms. Frauen aber wollen lieber versöhnen statt spalten.“
Denn Frauen wollen sich nicht absichtlich zu Hofnärrinnen ihrer selbst machen, sind einfach stärker verwurzelt in der Praxis des Lebens, näher dran und konkreter, und meistens nehmen sie nicht nur sich selber ernst, sondern sogar das, was sie sagen. (Das mag auch der Grund sein, dass wie im Humoristischen auch in der Philosophie bisher nur wenige Frauen Brauchbares zustande gebracht haben.)
Und die paar Ausnahmeerscheinungen in der Oberklasse des Frauen-Humors profilieren sich ja gerade durch sehr ernst gemeinte Unversöhnlichkeit, ja durch fast hexenhafte Bosheit wie im US-Wahlkampf  etwa die Kabarettistinnen Fey und Silverman.
Das geht halt nicht zusammen mit der Kernaussage von Mohrs obigem Zitat, dass nämlich die Fähigkeit zur distanzierten Weltbetrachtung die Voraussetzung allen Philosophierens ist: nur wer sich über die eigenen persönlichen Verstrickungen ins Daseinsgewühl erheben kann und eine zeitlose Perspektive ‚von oben‘ einnimmt, kann seine selbstreferenzielle Intentionalität mit ironischer Distanz zur Weltschmerzbewältigung kultivieren.

In den besten Fällen treten dann Philosophie und Ironie auch gemeinsam auf als sich dialektisch ergänzendes Zwillingspaar; etwa bei Sokrates, Lichtenberg, Hohl, Chaplin, Tucho, Valentin, Dieter Hildebrandt, aber interessanterweise auch bei etwa 0,2% des narzisstischen Blogger-Prekariats…

SPIEGEL-Polemik „Jeder Witz braucht einen Bart!“

wf

4 Gedanken zu „Von der Humorlosigkeit der Frauen“

  1. Vielleicht können Philosophie und Ironie auch dadurch manchmal ein sich dialektisch ergänzendes Zwilligspaar bilden, weil die im Hintergrund stehenden Frauen die weltabgewandten Versponnenheiten ihrer philosophierenden Männer durch ihre bodenständige Lebensart überhaupt erst möglich machen. Wäre Sokrates etwa ohne Xantippe möglich gewesen? Dem humorlosen Hagestolz Kant blieb diese glückliche Zusammenfügung von Philosophie und Ironie jedenfalls verwehrt.

  2. @ Markus:
    Klug erkannt, und zumindest bei den bairischen Weibsbildern ist es so, dass zur Bodenständigkeit noch eine lebensbejahende Schläue kommt.
    Das hat übrigens Nietzsche, der ja kein Frauenverächter, sondern nur ein eingeschüchtertes Manderl war, in seinem halbirren Humor auch so gesehen.

  3. Ich denke nicht, dass Humor vom Geschlecht abhängig ist. Wer sowas behauptet, der hat eine schlechte Menschenkenntnis. Schließlich ist jeder Mensch verschieden und lässt sich nicht klassifizieren.

  4. Als kleine Ergänzung für Alle, die diesen Blogartikel ernster als beabsichtigt (und nötig) aufgefasst haben, sei auf das neue Buch der kanadischen Entwicklungspsychologin Susan Pinker hingewiesen, in dem sie dem Gleichstellungs-Kampf von Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer die biologistisch begründete „weibliche Asymetrie“ entgegenstellt.

    „Wir sind nicht gleich, sind es nie gewesen!“, sagt Pinker, „In meinem Buch untersuche ich genau die Ironie, dass 50 Jahre, nachdem der Feminismus die Möglichkeiten für Frauen komplett verändert hat und ihnen unglaubliche Bildungserfolge gegeben hat, es dazu kommt, dass Frauen andere Jobs wählen und auch unterschiedliche Gehälter haben als Männer. Wir dürfen den Körper und damit die Natur des Menschen nicht marginalisieren“.
    Ihre Kritiker werfen ihr vor, dass sie damit jeden politischen Veränderungswillen durch die Frauen erstickt. „Ich glaube, die Vorstellung, dass die Biologie als Vorwand genommen wird, die Wahlmöglichkeiten von Frauen einzuschränken, ist ein großes Missverständnis des Buches und auch meiner Ideen“, so Pinker. „Ich glaube fest an die Chancengleichheit. Wenn wir uns ansehen, was Frauen idealtypischerweise wollen, so wollen 60 bis 80 Prozent der europäischen und amerikanischen Frauen ihre Arbeit mit der Familie kombinieren.“
    Es gäbe viele Untersuchungen, die zeigen, dass Frauen weder Geld noch Macht oder Karriere oben auf ihrer Liste führen. Sie wollen Flexibilität und Autonomie am Arbeitsplatz, wollen mit Menschen zusammenarbeiten, die sie respektieren. Und dennoch wird Erfolg seit den 1970er Jahren darauf reduziert, wieviel jemand verdienen.
    Pinkers Buch gibt den Anstoß, über die Geschlechterfrage neu nachzudenken. Aber ihre Analysen bleiben systemimmanent, stellt die bestehenden Strukturen nicht in Frage. Was wir brauchen, ist eine Veränderung unserer Gesellschaft, in der weibliche Werte den gleichen Stellenwert erlangen wie die männlichen.

    (unterer Textauszug von 3sat/ Kulturzeit vom 16.1.09)

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