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Polylux, die letzte

Klappe, das war’s – zumindest im „Ersten“. 12 Jahre lang versuchte das selbsternannte Lifestyle-Magazin „Polylux“ den schon fast nachtschlafenden Hirnzellen des ARD-Publikums mit allerlei Belanglosigkeiten, Minderheiten-Marotten und dialektischen Fehlzündungen in einem sogenannten „Fight-Club“ ein Szene-Feeling einzuimpfen, das sich aber letztlich nur mit dem lasziv-süffisanten Lächeln und einem cool-bin-ich-hämischer-Jargon von Moderatorin Tita von Hardenberg etwas anfüttern ließ.

SPIEGEL online nannte das Magazin „die letzte Seifenblase der New Economy“, was insofern zutrifft, als man jahrelang dem kleinen RBB die Produktionskosten abquatschen konnte mit dem (uneingelösten) Versprechen, den Senilitätsfalten der ARD durch kleine Giftspritzer wieder etwas jugendlichen Glamour und Frische zu verleihen; aber bekanntlich führt Botox mit der Zeit zu maskenhafter Erstarrung.
Zwischendurch ließ sich die recherchefaule Redaktion auch mal ein gefaktes Interview zum Thema „Alltagsdrogen“ unterschieben und verzockte letztlich den eigentlich lobenswerten Versuch, Ironie und Selbstironie mit gelegentlichen Grenzüberschreitungen des ‚guten Geschmacks‘  öffentlich-rechtlich und dennoch eigenformatig zu etablieren, in Hipness-Geilheit und unkritischem Zeitgeistgeplapper. Kurz davor, die Tita gleich in’ne Bütt zu stellen, um wenigstens optisch dem eigenen Satireanspruch genüge zu tun.

Das (anerzogene?) Humorniveau des  Polylux-Publikums offenbarte sich auch heut nacht bei der Zuschauerwahl des ‚best-ever‘-Beitrags. In jenem hatte eine „investigative“ Recherche zu Tage gefördert, dass viele Berliner Pizzabäcker in Wirklichkeit keine Italiener, sondern Araber seien. Aha, haha.
Auch Hardenbergs Lieblingskolumnist Henryk M. Broder hatte ein Schlusswort, dessen Pointenqualität sich erwartungsgemäß auf der Fallhöhe von „An welchem Fluss liegt Köln am Rhein?“ bewegte.
Zumindest die bekennende Polylux-Nichtversteherin Renate Künast bewies Übersicht in ihrer Kopfnote: „Wahr ist, wir haben ja alle an irgendeiner Stelle eine Drehung zuviel.“
Erfreulich dann immerhin die Vorschau auf die angedachten Beiträge der Nicht-mehr-Sendungen 2009, die u.A. folgende Trends hypen sollten: das Comeback der Kassenbrille / die Rückkehr der ‚Popelbremse‘ (Schnauzbart) / Szenetreff Club-Kloo / Nachts auf der Straße stricken – darüber wüsste man schon gern Genaueres ;-))

Und, jaja, ganz am Ende dieser letzten Sendung blitzte doch noch satirische Klasse auf: „Die Talkrunde“ entblödete sich á la „Philosophisches Quartett“ auf gut sloterdijkisch  in einem Polylux-Nachruf – allerdings war diese feine Parodie ein Gastbeitrag der bösen Buben von spinwebtv.

Um wenigstens eine kleine positive Erinnerung zu behalten, bleibt die Hoffnung, dass auch in den zu erwartenden Polylux-Kult-History-DVDs nie geklärt wird, ob der Universalkommentator Manne Dumke tatsächlich ein Debilchen war oder doch ein hinterfotziger Philosophen-Fake…

wf

„Die Talkrunde“ zum Polylux-Ende:

    spinweb @ www.polylog.tv/fightclub

2 Gedanken zu „Polylux, die letzte“

  1. Warum man Manne nicht einfach eine eigene Show angeboten hat, bleibt mir wohl auf ewig ein Rätsel. Billiger hätte der „kleine“ Sender die Essenz allen urbanen Seins nicht auf den Punkt bringen können oder?

  2. Ja, ich werde Dumkes Welterklärungskompetenz auch vermissen – sollte ich irgendwie seine Adresse rauskriegen, werde ich ihn wenigstens 1 mal wöchentlich podcasten (falls der RBB das demnächst nicht selber macht)

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