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Zum ewigen Frieden dauerts noch

Immanuel Kant

Auch in seinem dreihundertsten Geburtsjahr ist Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ aktuell.  

Uralte, kinderklugnaive und somit wohl zu schwierige Preisfrage: Warum dürfen im Theater dieser Welt so viele Idioten in Hauptrollen mitspielen? Wo es doch in allen Bibliotheken in allen Kulturkreisen dieser Welt genügend Worte zu finden gäbe, die beim Nachdenken über Ver-Antwortung in wichtigen Rollen hilfreich sein könnten.
Beispielsweise der in viele Sprachen übersetzte philosophische Entwurf „Zum ewigen Frieden“ von Immanuel Kant, der in einer so klaren Sprache verfasst ist, dass auch die Politiker seiner und aller späterer Zeiten nicht die Ausrede haben sollten, sich der Lektüre wegen ‚Unverständlichkeit‘ zu verweigern. Zudem hat er der Schrift eine politikerfreundliche Form gegeben, indem er sie in der Art der seinerzeit üblichen Friedensverträge in mehrere Präliminar-, Definitiv- und Zusatzartikel gliederte, ergänzt durch einen philosophischen Anhang.

Immanuel KantKant schrieb damit kein Programm, dessen Erfüllung mit seinen Ratschlägen leicht erreichbar wäre, sondern er entwickelte Gedanken über einen möglichen, mit harter Arbeit verbundenen Weg zu diesem „ewigen Frieden“; folglich kann Kant dabei auch keine genaue Wegbeschreibung geben, zu viele Unwägbarkeiten und komplexe Interessenslagen verlangen auf dem weiten Feld der Politik ständige ‚realistische‘ Anpassungen, wobei sein Entwurf als von der Vernunft geprägtes pädagogisches Ideal einer pragmatistischen Herangehensweise zu Grunde gelegt werden mag. Denn auch in diesem kleinen Alterswerk denkt Kant auf der Basis seiner drei großen Kritiken zur reinen Vernunft, praktischen Vernunft und Urteilskraft, und proklamiert in der Art eines kategorischen Imperativs dieses Sollen wollen, was wir wollen sollen – die Politik wird dabei von einer Philosophie der Praxis in die Pflicht genommen.

Auch nach 200 Jahren ist Kants Vor- und Nachdenken aktuell, denn dieses Werk sei „nicht nur Friedenstraktat, sondern eine systematische Philosophie der Politik, verstanden als Theorie von Recht und Staat“, wie Otfried Höffe dazu anmerkt und Ludger Kühnhardt glaubt, „Kant dürfte erfreut darüber gewesen sein, wenn er gewußt hätte, daß die Themen, die er in seinen drei Definitivartikeln in den Mittelpunkt der Suche nach einer dauerhaften Friedensordnung gestellt hat, auch zwei Jahrhunderte nach seiner Publikation Schlüsselfragen der Politik in den Staaten und zwischen den Staaten geblieben sind.“
Das fand auch seinen Niederschlag in der Charta der Vereinten Nationen, die wesentlich von dieser Schrift beeinflusst wurde.

Und wie eine Stellungnahme zur aktuellen weltweiten Flüchtlingsproblematik lassen sich Kants Ausführungen zum „Weltbürgerrecht“ im dritten Definitivartikel lesen, der von der Hospitalität (Gastfreundschaft) handelt. Hierbei habe ein Fremder jederzeit ein Besuchsrecht für ein anderes Land und könne sich dort aufhalten, ohne dass man ihm feindselig gesinnt sein dürfe, solange er sich selbst rechtmäßig verhalte. Ein Mensch, der fremdes Staatsgebiet betrete, dürfe auch nicht ausgewiesen werden, sofern dies zu seinem Leid geschehe, es sei denn er habe sich feindselig gegen den fremden Staat verhalten. Der Fremde habe allerdings kein Gastrecht, auf das er Anspruch erheben könne, sondern nur ein Besuchsrecht, welches jeder Mensch beanspruchen kann, da kein Mensch ein Vorrecht auf bestimmte Orte der Erde habe.
Na ja, dieser letzten Gastrechts-Einschränkung würde sicher auch die CSU zustimmen (wenn man dort denn Kant läse), aber man bedenke, zu welch vordemokratischen Zeiten Kant diesen Entwurf verfasste!

An der Universität Wien wurde dieses schmale Kant-Büchlein nun im frei zugänglichen PDF-Format online gestellt, und ich reiche das hier gern zur Lektüre oder zum Ausdrucken weiter; die Idioten dürfen mitlesen.

 


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wf

5 Gedanken zu „Zum ewigen Frieden dauerts noch“

  1. Hab mich weggelacht bei der ersten Fragestellung: „Warum dürfen im Theater dieser Welt so viele Idioten in Hauptrollen mitspielen?“
    Hätte eine Antwort parat: „Weil es leichter ist, sich unter einem Idioten zusammenzurotten, als ihn zu durchschauen“
    (Adjektiv nach Gusto austauschen: leichter, einfacher, angenehmer, erfolgreicher, „¦)

  2. Eine schöne Idee, der ewige Frieden und vieles aus Kants Thesen könnte bestimmt zu einem solchen beitragen, wenn man es denn befolgen würde…
    Schade nur, dass die Argumente von Kant häufig, weitergeführt in den Theorien vom demokratischen Frieden und Liberal Peace häufig als Rechtfertigung zum gewaltsamen/Hierarchien etablierenden Peacebuilding genutzt werden. Kants Aufruf, die Souveränität anderer Staaten zu achten, wird dabei geflissentlich ignoriert.
    Nun kann man die Notwendigkeit von Staaten auch insgesamt anzweifeln, aber solange man sie hat, sollte doch kein Staat über einen anderen bestimmen, wie es leider immer noch der Fall ist. Nicht bloß politisch, auch durch ökonomische Abhängigkeiten bestehen Hierarchien weiter fort.
    An Kant ist jedoch zu kritisieren, dass seine Theorie eine Eurozentrische ist, die nicht wirklich auf alle Menschen bezogen war.

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